Derby weckt unglaubliche Erinnerungen
Die gespannte Vorfreude ist riesig. In der 3. Handball-Liga ist Derby-Zeit. Der OHV Aurich tritt am Sonnabend (19.30 Uhr) beim Wilhelmshavener HV an. Auf der Facebook-Seite der Wilhelmshavener hat schon fünf Tage vor dem Spiel der Countdown begonnen, auf Seiten des OHV läuft der Vorverkauf für Karten zum Spiel im Fan-Lager sehr gut. Die grundsätzliche Begeisterung für das Derby wird diesmal aber noch angeheizt durch das Aufeinandertreffen der beiden Teams fast auf den Tag genau vor einem Jahr.
Denn am Sonnabend, 12. November 2022, gelang dem OHV noch nie Dagewesenes. Da gewannen die Auricher beim Wilhelmshavener HV. Seitdem die beiden Mannschaften in der Nordfrost-Arena in der zur Saison 2010/11 neu gebildeten 3. Liga aufeinandertreffen, war ihnen das bis dahin noch nie gelungen. Es war aber nicht der Sieg (28:25) allein, der ihn so besonders macht. Auch das Wie. In den letzten zehn Minuten drehten die Auricher ein Spiel, in dem die Wilhelmshavener schon wie die Sieger aussahen.
„Sensationell, wie wir das Spiel noch gewonnen haben“, erinnert sich OHV-Spieler Evgeny Vorontsov aus dem Stand an jenen 12. November. Diese letzte Viertelstunde sei für ihn und seine Mitspieler selbst unerklärlich gewesen: „„In Derbys passieren immer Dinge, mit denen man nicht rechnen kann. Bei uns hat alles geklappt.“ Wie wär’s mit einer Wiederholung? „Nichts lieber als das“, sagt Vorontsov. Für den Routinier im Auricher Team ist es mehr als „nur“ ein Derby. Er spielt inzwischen zwar bereits die dritte Saison für den OHV. Aber zuvor hat er zwölf Jahre für die Wilhelmshavener gespielt. Er wohnt auch nach wie vor in Wilhelmshaven und ist, wenn es passt, bei Heimspielen des WHV in der Halle.
Dieser Sieg des OHV vor einem Jahr macht die Auricher Mannschaft jetzt jedoch nicht zum Favoriten. Die Rolle hat nach wie vor der Wilhelmshavener HV inne. Den hoch gesteckten Erwartungen ist die Mannschaft allerdings bisher nicht gerecht geworden.
Saisonziel ist es, die Aufstiegsrunde zur 2. Bundesliga zu erreichen. Heißt: am Ende Platz eins oder zwei zu belegen. Derzeit sind die Wilhelmshavener mit 12:6 Punkten Tabellensechster. „Entweder sind sie meist dominant. Aber dann patzen sie gegen Mannschaften, gegen die man das nicht erwartet hätte“, sagt Vorontsov. Beim Team Handball Lippe II zum Beispiel. Und bei der MT Melsungen II. Die dritte Niederlage resultiert aus dem Heimspiel gegen Tabellenführer Eintracht Hildesheim.
Eine Stärke der Wilhelmshavener ist ihre Defensive. Sie haben mit Abstand die wenigsten Tore aller Mannschaften in der Staffel Nord-West kassiert. „Der Niederländer Duncan Postel hat an der Stabilität einen großen Anteil“, sagt OHV-Teammanager Ewald Meyer. Postel ist mit Beginn dieser Saison nach einem Jahr beim französischen Handballclub Bordeaux zum WHV zurückgekehrt, für den er bereits zuvor viereinhalb Jahre gespielt hatte.
Die Wilhelmshavener gehören andererseits aber auch mit zu den Mannschaften, die die wenigsten Tore erzielt haben. Ihr bester Werfer ist in der Gesamt-Torschützenliste als 35. platziert. Es ist Duncan Postel mit 34 Feldtoren in neun Spielen.
Das vergangene punktspielfreie Wochenende haben die Auricher, ausgenommen Torwart Edgars Kuksa, genutzt, um zu regenerieren.
Die Pause kam besonders Evgeny Vorontsov gelegen, der an einer Oberschenkelzerrung laboriert. Die verhinderte zuletzt seinen Einsatz am 28. Oktober im Spiel des OHV beim Team Handball Lippe II.
Edgars Kuksa war am vergangenen Wochenende im Einsatz mit der lettischen Nationalmannschaft. Für die standen die ersten Vorqualifikationsspiele zur Handball-WM 2025 an. Lettland verpasste mit zwei Niederlagen gegen die Nationalmannschaft Estlands den Einzug in die nächste Runde. Das erste Aufeinandertreffen, in dem Kuksa eine hervorragende Leistung bescheinigt wurde, verlor Lettland 29:30. Das Spiel fand im eigenen Land, in Wolmar, statt. Im Rückspiel unterlag Lettland in der estnischen Hauptstadt Tallinn dann mit 22:28 Toren.
Jetzt aber liegt der Fokus der OHV-Mannschaft auf dem Derby. „Die Neuen in unserem Team kennen dieses Gefühl zwar nicht“, sagt Vorontsov. Jedenfalls noch nicht. „Für uns alle ist es aber auf jeden Fall ein Highlightspiel in dieser Saison“, so der 37-Jährige. „Wenn wir gegen die erfahrenen Wilhelmshavener an unsere Leistung aus dem Spiel gegen Hildesheim anknüpfen, wer weiß...“, sagt Ewald Meyer.